LRS ade, Bloggen olé! Wie ich meine Schwäche in Stärke verwandelte!

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Dürfen Legastheniker bloggen? Diese Frage habe ich mir häufiger gestellt, als ich mit dem Bloggen anfing. Habe ich wirklich „das Recht“ anderen meine Rechtschreibfehler, meine M-und-N-Verdreher und meine Keine-Ahnung-ob-da-ein-D-oder-T-hingehört anzutun?

WARNUNG:
Ich befürchte, dies wird ein sehr persönlicher Blogartikel – wenn du ihn somit nicht lesen magst, würde ich das verstehen.

Ich erinnere mich noch genau, wie wir (4 kleine Menschlein) in einem Hinterzimmer mit einem angehenden Lehrer saßen und versuchten zu lesen. Es war mehr ein Stammeln, ein Buchstabe für Buchstabe herauspressen … als dass irgendjemand überhaupt verstand, was wir da lasen. Der nette Lehrer war kurz vorm Verzweifeln. Ich glaube, ihm hatte im Studium niemand gesagt, dass „solche“ Schüler auf ihm zukommen würden.

Heute sehe ich noch das ratlose Kopfschütteln, die Verzweiflung in seinen Augen, die mir eindringlich sagte: Was soll denn aus dir mal werden?

Legastheniker – ein Wort, dass mir heute noch körperlich wehtut

So saß ich also mit knapp 10 Jahren tagein-tagaus in diesem Hinterzimmer. Wir hörten die Kinder im „richtigen“ Klassenzimmer lachen und ich hörte wie mein geliebter Klassenlehrer (er war wirklich der Hammer!) die anderen Kinder lobte! Die anderen Kinder! Die, die lesen und schreiben konnten. Die, die nicht zu blöd waren sich zu merken, was ein N und was ein M ist. Die anderen Kinder, denen klar war, dass man Butter nicht mit zwei D’s schreibt!

Unser Grüppchen aus vier Schülern, denen allen klar war: Wir können nichts! Wir sind nichts wert! … und wir werden auch nie etwas können … quälten sich weiterhin mit diesen Büchern, deren Inhalt einfach nicht in meinen Kopf vordringen wollte.

Hätte mich damals mal einer in die Arme genommen und mir gesagt, dass ich nichts dafür kann! Hätte mir damals mal erklärt, dass das eine Krankheit ist – und nichts mit „dumm“ sein zu tun hat! Vielleicht hätte es was geändert?

Meine Berufswahl: Weg vom Schreiben?

„Natürlich“ hat es nur zur Hauptschule gereicht. Dass ich den Quali geschafft habe, hat mich richtig stolz gemacht. So gern wäre ich Tierarzthelferin geworden oder Friseur – aber dafür reichten meine Noten bei weitem nicht. Damals gab es viel mehr Bewerber als Ausbildungsplätze. Ich wollte GANZ SICHER weg vom Schreiben und Lesen – und so haben mich meine Eltern in der Hauswirtschaftsschule angemeldet.

Das Jahr in der Hauswirtschaftsschule hat mir gezeigt, dass ich doch etwas konnte – solange es nichts mit Lesen und Schreiben zu tun hatte. Mein Selbstwertgefühl stieg (von gefühlt Minus 100 auf knapp über 0). Ich lernte nähen, kochen und sauber machen – okay, jetzt keine Nuklearwissenschaft, aber es machte mir Spaß.

Ein Jahr danach habe ich in der Firma, in der mein Vater Meister war, einen Ausbildungsplatz ergattern können – als Bürokauffrau. Irgendwie wollte mir das Leben wohl beweisen, dass auch ich schreiben kann? Niemand fragte mich, ob ich diesen Beruf lernen wollte! Mein kurz aufflammender Widerstand war schnell gebrochen. Ausbildungsplätze waren rar – und ich musste einfach glücklich sein, dass ich diesen bekommen hatte!

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Darf ich – als Legastheniker – überhaupt bloggen?

Schon als Kind habe ich (für mich ganz allein – und das durfte niemals jemand lesen) Geschichten geschrieben. Geschichten von tollen Mädchen, die beliebt waren – und denen natürlich alles gelungen ist. In jedem Satz waren bestimmt zehn Fehler – aber das Schreiben hat mir Spaß gemacht. Nur zeigen, nein – zeigen wollte ich es keinem.

Selbstverständlich fiel meine Legasthenie im Büro auf – und meine Vorgesetzte hat es genossen, sie mir unter die Nase zu reiben. Ich weiß nicht, wie ich diese drei Jahre überstand – aber ich habe meinen Abschluss geschafft! Lange Zeit habe ich dann als Bürokauffrau gearbeitet, mit etwas Phantasie und ein paar „Tricks“ fiel es mittlerweile kaum einen noch auf, dass ich Legastheniker bin.

2001 kam mein erster Blog. Natürlich ein Blog übers Mama-sein und meine Kinder.

Doch sollte ich wirklich mein Geschriebenes auf die Welt loslassen?

Sollte ich wirklich all meine Fehler allen anderen zeigen?

Mein Selbstbewusst war mittlerweile ein kleines Pflänzchen, dass versuchte sich aufzurichten. Noch sehr klein und zerbrechlich – aber am Leben!

Damals hat wohl in meinem Kopf klick gemacht!

Fuck LRS! Ich blogge!

Meine ersten Blogartikel waren grottig! Zwischendurch hatte ich echt Angst, dass meine grottige Rechtschreibung den Leuten die Freude an meinen Blogartikeln verderben würde. Ich würde dir gern einen meiner ersten Blogartikel zeigen – aber es existiert keiner mehr davon!

Doch meine Leser blieben mir treu – und kein Kommentar, keine Mail oder kein Social-Media-Posting hatte meine Fehler zum Thema. Ich wurde gelobt, fremde Menschen bedankten sich bei mir für meine Hilfe … mein Selbstbewusstsein wuchs und mit ihm meine Lust daran zu lernen, wie ich meine LRS „austricksen“ konnte.

Nach und nach – mit jedem Blogartikel ein wenig mehr – wurde ich besser. Klar, bekommt jeder Blogartikel von mir – auch heute noch – eine Extraportion „Rechtschreibprüfung“. Aber leider sind die Tools immer noch nicht so genial, dass sie alles ausbessern. Deshalb lasse ich oft noch Bekannte über die Blogartikel lesen … und trotzdem passiert es immer noch, dass sie nicht fehlerfrei sind. Aber ehrlich? Es juckt mich kein bisschen!

Mittlerweile blogge ich seit über 20 Jahren … ich kann mir gar kein Leben ohne meine Blogs vorstellen!

Durch das Bloggen und SEO habe ich die Tür zu unzähligen Chancen geöffnet, die mein Leben in einem Ausmaß bereichert haben, das ich nie erwartet hätte.

Durch sie habe ich gemerkt, dass ich etwas gut kann! Nein, das ist keine Rechtschreibung – das ist auch keine Grammatik und auch keine Zeichensetzung. Aber ich kann Blogartikel schreiben, die meine Leser und Google gleichermaßen begeistern. Was sind dagegen schon ein paar Fehler?

PS. Wer in diesem Blogartikel Fehler findet, darf sie gerne behalten. Ich habe ja noch genug davon. 🙂

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